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Motivation Science: Fokus auf Langzeitziele?

Was dich erwartet:

In diesem Artikel schauen wir uns auf Basis der wissenschaftlichen Datenlage an, ob das Fokussieren auf Langzeitziele wirklich die Motivation steigert.

Umfang: 1000 Wörter

Lesezeit: 5-7min

Inhaltsverzeichnis:

1) Motivationsarten

2) Sport

3) Allgemein

4) Bottom Line

 

“Focus on the finish”; “Remember why you started“; “I don’t chase dreams, I hunt goals”… Jedem sind diese oder ähnliche Sprüche schonmal begegnet (z.B. oft auf Instagram vertreten). Sie haben eines gemeinsam: Langzeitziele werden fokussiert um Motivation zu tanken.

Auf den ersten Blick macht das auch total Sinn. Langzeitziele motivieren und mehr Motivation bedeutet mehr Hingabe. Dass etwas vermeintlich Sinn macht heißt aber nicht, dass es der Wahrheit entspricht – und deswegen werden wir in diesem Artikel die unterliegende Studienlage gründlich auseinandernehmen.

1) Motivationsarten

Bevor wir das Thema auseinandernehmen müssen wir uns Motivation an sich etwas genauer anschauen. Motivation lässt sich, nach Ryan und Deci [1], in zwei Oberkategorien einteilen: intrinsisch und extrinsisch.

Intrinsische Motivation bedeutet, dass einen die Aktivität selbst motiviert, weil die Erfahrung befriedigend ist. Wer zum Beispiel trainiert weil er/sie dabei ein Gefühl von Freiheit verspürt, der ist intrinsisch motiviert. Extrinsische Motivation hingegen hängt mit einem externen Outcome zusammen, der mit der Aktivität assoziiert wird. Wer trainiert, weil er/sie stärker werden-, oder Muskeln aufbauen will, der ist extrinsisch motiviert.

Kurz: intrinsisch – die Aktivität selbst; extrinsisch – ein Outcome als Resultat der Aktivität.

Wenn wir uns auf unsere Ziele fokussiert sind, sind wir also extrinsisch motiviert. Laut Definition ist irgendeine Form von Motvation besser als gar keine Motivation. Nur gibt es eben nicht nur extrinsische Motivation – die Frage ist also, wie extrinsische und intrinsische Motivation interagieren und welche stärker ist.

2) Sport

Da es auf dieser Seite um Sport geht – hauptsächlich um Resistance Training – schauen wir uns zuerst die Experimente an, die Sport involvieren. Fishbach und Choi [2] verglichen die geplante und die tatsächliche Zeit, die 103 Probanden (71 weiblich) auf dem Laufband verbrachten. Dabei waren Probanden entweder intrinsisch, oder extrinsisch motiviert (was durch Statement und Restatement von Langzeitzielen – oder von befriedigenen Aspekten am Sport eingeleitet wurde).

Figure 1 - Adaptiert von Data von Fishbach und Choi [2]

Die Ergebnisse sprechen eine eindeutige Sprache (Graphik 1): Während die extrinsisch motivierten Probanden planten mehr Zeit zu investieren, verbrachten sie letztendlich weniger Zeit auf dem Laufband als die intrinsisch motivierten Probanden.

Woolley und Fishbach [3] verwendeten ein ähnliches Design, allerdings mit Resistance Training (YAY!). Einundsechzig Fitnessstudiobesucher (12 weiblich) wählten eine Übung aus. Eine Gruppe wählte dabei die Übung, von der sie sich die meisten Benefits versprachen, während die andere Gruppe schlichtweg ihre Lieblingsübung wählte. Wie erwartet waren Bicepscurls am öftesten die erste Wahl – in beiden Gruppen. Allgemein gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen der Übungsauswahl.

Die Probanden führten daraufhin die ausgewählte Übung aus – so lange, wie sie wollten. Das Ergebnis: intrinsisch motivierte Probanden führten signifikant mehr Sätze aus, als extrinsisch motivierte Probanden. Dabei gab es weder Unterschiede in den Wiederholungszahl, noch in der Anstrengung – es ist also nicht so, dass die eine Gruppe einfach härter und somit kürzer trainiert hat.

Die Ergebnisse sprechen ganz klar dafür, dass intrinsische Motvation stärker ist als extrinsische Motivation – was Sport angeht. Allerdings drehten sich beide Studien nur um eine einzige Einheit, was es schwer macht, auf Langzeiteffekte zu schließen.

Wilson und Brookfield [4] untersuchten die Effekte beider Motivationsarten auf die Beständigkeit innherhalb eines Cardio-Trainnigsprogramms in 60 Hobbysportlern (27 weiblich). Es wurde (nach 6, 12 und 24 Wochen) gemessen, wie viele der geplanten Einheiten abgeschlossen wurden – über das elektronische Anmeldesystem des Fitnessclubs.

Figure 2 - Adaptiert von Data von Wilson und Brookfield [4]

Die Ergebnisse sind in Graphik 2 dargestelt. Während es nach 6 Wochen keine signifikanten Unterschiede zwischen intrinsisch und extrinsisch motivierten Probanden hab, hatten die intrinsisch motivierten Probanden nach 12 und 24 Wochen signifikant mehr Einheiten abgeschlossen. Ein Kritikpunkt ist ganz klar, das dass Training nicht supervised war – wir wissen also nicht ob die Probanden tatsächlich trainiert haben – und wenn ja, wie. Außerdem ist es über einen so langen Zeitraum erst recht unmöglich zu kontrollieren, ob die Probanden nicht auch anderweitig motiviert waren.

Nichtsdestotrotz sprechen auch diese Daten dafür, dass intrinsische Motivation im Sport stärker ist, also extrinsische Motivation. Wie vorher schon erwähnt, ist irgendeine Motivaton besser als keine Motivation. Sport ist aber potentiell befriedigend, und somit stehen beide Motivationswege offen. Da der intrinsische Weg einen viel stärkeren Effekt zu haben scheint, können wir konkludieren, dass sich hier auf Langzeitziele zu fokussieren nicht die beste Wahl ist und Beständigkeit zu fördern.

Das ist aber noch nicht alles. Zurück zur letzten Studie: Wie wurden hier eigentlich die Motivationen eingeleitet? Extrinsische Motivation – kann man sich denken – wurde dadurch eingeleitet, dass Probanden sich Langzeitziele gesetzt haben (z.B. innerhalb von 12 Wochen 3kg abnehmen). Intrinsische Motivation wurde dadurch eingeleitet, dass Probanden sich akute Ziele gesetzt haben (z.B. einen bestimmten Puls aufrechterhalten oder Technik Coaching Cues).

Und hier wird es interessant. Was können wir daraus mitnehmen? Wer z.B. kurz vor einem Powerlifting Wettkampf steht, der hat natürlich entsprechende Ziele. Man sollte sich hierbei aber trotzdem noch klare Ziele für jedes einzelne Training setzen, um den Fokus nicht zu stark auf den Outcome zu schieben. Das gilt natürlich nicht nur für Powerlifter vor dem Meet – sondern für alle Sportler. Akute Ziele in den Einheiten selber haben einen positiven Effekt auf intrinsische Motivation.

3) Allgemein

Abschließend sei gesagt, dass sich intrinsische Motivation gegenüber extrinsischer Motivation nicht nur im Sport behauptet hat, sondern auch in Aktivitäten wie Origami, Zahnseide benutzen (Gibt’s dafür ein Verb, das mir gerade nicht einfallen will? Zahnseiden?!) [2] und Konsum von gesunder Nahrung [3]. Wenn die Aktivität nicht befriedigend ist, dann gibt es allerdings auch keine intrinsische Motivation – und Langzeitziele könnten die einzige Motivationsquelle sein [3].

Auch Observationsstudien zeigen ein ähnliches Muster. Wrzesniewski et al. [5] dokumentierten die Karrieren von 10.000 Westpoint Kadetten. Intrinsiche Motivationen waren positiv mit einer längern und erfolgreicheren Karriere assoziiert, während extrinsische Motive diese Korrelation untergruben. Interessanterweise hatten auch Kadette, die beide Motivationsarten zeigten, kürzere und weniger erfolgreiche Karrieren, als die, die nur intrinsisch motiviert waren. Dies lässt vermuten, dass extrinsiche Motivation einen direkten negativen Einfluss auf intrinsiche Motivation und somit auf die Beständigkeit haben kann, was mit anderen Daten konform ist [6,7].

4) Bottom Line

Also – versteife dich nicht auf Langzeitziele. Es sei denn, wir reden von einer Aktivität die du so abgrundtief hasst, dass gar nichts mehr geht…die aber trotzdem erledigt werden muss. Setze dir akute (kurzzeitige) Ziele, um deine Motivation zu maximieren.

 

References

  1. Ryan, R. M., & Deci, E. L. (2000). Intrinsic and extrinsic motivations: Classic definitions and new directions. Contemporary educational psychology, 25(1), 54-67. doi:10.1006/ceps.1999.1020

  2. Fishbach, A., & Choi, J. (2012). When thinking about goals undermines goal pursuit. Organizational Behavior and Human Decision Processes, 118(2), 99-107. doi:10.1016/j.obhdp.2012.02.003

  3. Woolley, K., & Fishbach, A. (2016). For the Fun of It: Harnessing Immediate Rewards to Increase Persistence in Long-Term Goals. Journal of Consumer Research, 42(6), 952-966. doi:10.1093/jcr/ucv098

  4. Wilson, K., & Brookfield, D. (2009). Effect of goal setting on motivation and adherence in a Six Week exercise program. International Journal of Sport and Exercise Psychology, 7(1), 89-100. doi:10.1080/1612197X.2009.9671894

  5. Wrzesniewski, A., Schwartz, B., Cong, X., Kane, M., Omar, A., & Kolditz, T. (2014). Multiple types of motives don't multiply the motivation of West Point cadets. Proceedings of the National Academy of Sciences, 111(30), 10990-10995. doi:10.1073/pnas.1405298111

  6. Deci, E. L. (1971). Effects of externally mediated rewards on intrinsic motivation. Journal of personality and Social Psychology, 18(1), 105-115. doi:10.1037/h0030644

  7. Lepper, M. R., Greene, D., & Nisbett, R. E. (1973). Undermining children's intrinsic interest with extrinsic reward: A test of the "overjustification" hypothesis. Journal of Personality and social Psychology, 28(1), 129-137. doi:10.1037/h0035519

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